Mittelaltermarkt in Bergisch Gladbach
Autorin Celine Keuer tauchte auf Gut Schiff ganz in die Epoche ein
Erstellt 16.08.2015
Das Mieder ließ Celine Keuer wenig Raum zum Luftholen, die Holzschuhe fand sie im Matsch hingegen praktisch.
Bergisch Gladbach.
Das Mittelalter ist sicher eine faszinierende Epoche –
aus der zeitlichen Entfernung.
Mittendrin zu sein ist dann doch nicht
so attraktiv: Plumpsklo, keine Dusche und die ständige Bedrohung, an der
Pest sterben zu können.
Der Mittelaltermarkt auf Gut Schiff wirkte da
wie eine Zeitreise.
Bei meiner Ankunft wurde ich
sofort in Empfang genommen und in das Ankleidezelt der Gräfin gebracht.
Dort verwandelten mich die Zofen in eine richtige Hofdame.
Ein langes
Kleid, das tiefes Luftholen für die nächsten zwei Stunden nicht mehr
zuließ, einen Umhang mit einer kleinen Brosche und eine weiße Haube über
den Kopf und fertig war die Hofdame. Äußerlich.
Mit Holzschuhen und
einer ordentlichen Portion Skepsis ging die Reise über den Markt los.
Beim Mittelaltermarkt auf Gut Schiff zeigte auch ein Jongleur seine Kunst, unterhielt die Gäste auf feurige Weise.
Der Gaukler machte sich bei der Markteröffnung
wortwörtlich zum Narren und die Musiker spielten auf Dudelsäcken und
Flöten als wäre es das normalste der Welt.
An vielen Ständen wurden
handgemachte Gegenstände zum Verkauf angeboten oder die Besucher konnten
selber werkeln.
Zum Beispiel eine Kerze herstellen.
Und das ist sehr,
sehr zeitaufwändig.
Der Faden muss wieder und wieder in flüssigen
Bienenwachs getaucht werden.
Nach zehn Minuten ist die Kerze etwa einen
Zentimeter lang. Das muss reichen – das Prinzip ist verstanden, Zuhause
funktioniert das mit dem Lichtschalter besser.
Ich
war Mitglied der Kriegsraben, einer der vielen Gruppen, die auf dem
Mittelaltermarkt das Wochenende über ihre Lager aufgebaut haben, um eine
kleine Parallelwelt zu kreieren.
Von weitem betrachtet wirkte das Ganze
doch etwas suspekt: Kupferkessel, in denen gekocht wurde, überall echte
Felle und handgeschmiedete Schwerter.
Wer begeistert sich so sehr für
ein Zeitalter, um all den Aufwand zu betreiben? Alle dort.
Es
wirkte, als gäbe es auf Gut Schiff kein 21. Jahrhundert mehr.
Alles
drehte sich nur noch um Tavernenschlachten oder den Umtrunk mit
Honigbier am Lagerfeuer. Die Teilnehmer des Marktes trugen
handgefertigte Gürtel, bestickte Umhänge oder schliefen auf selbst
gewebten Kissenbezügen.
Auch aus der Perspektive der Hofdame wirkte
alles Mittelalter-authentisch.
Nichts war peinlich oder unangenehm, auch
nicht, dass man lange Gewänder, Umhänge und Tücher auf dem Kopf trug.
Holzschuhe werden zwar hoffentlich nicht zu einem Modetrend in der
Außenwelt, aber auf dem Mittelaltermarkt waren sie ein absolutes Muss.
Der Klang von Trommeln und Schalmeien gehört zu einem Mittelaltermarkt unbedingt dazu.
Foto: Luhr
Trotz Matsch blieben die Füße trocken.
Jeder Besucher
fand auf dem Markt sicher seine ganz besondere Attraktion.
Zum Beispiel
das Gefühl, einmal im Leben einen Uhu auf dem Arm zu haben.
Im
Mittelalter auf Gut Schiff gar kein Problem.
Handschuh angezogen und
schon saß das große Federvieh auf dem Arm und schaute einen mit seinen
großen Augen an.
Leider ohne Geräusch.
Und als er die Flügel ausfuhr,
musste der Arm ganz weit vom Körper weg gehalten werden.
Ein schönes
Gefühl, aber keines für die Ewigkeit, denn das Tier wog erstaunlich
viel.
Also zurück auf die Stange mit dem Uhu.
Raus aus den Klamotten und
dann war Schluss mit der Hofdame.
Das gesellige Beisammensein im
kleinen Badebecken – in einem Zelt auf der Wiese, dem Badehaus, muss
nicht sein.
Lieber die warme Dusche daheim.
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