Montag, 16. Mai 2016

Klingende Klompen

Die Galerie Robert Keller in Kandern zeigt Arbeiten des stammenden Klangkünstlers Gerhard Trimpin.
  1. Eine Klangskulptur mit holländischen Holzschuhen in der Ausstellung in der Galerie Keller Foto: Roswitha Frey


Auf Knopfdruck beginnt es zu tönen. Die Holzschuhe werden mit Klöppeln angeschlagen und klingen in einem ausgetüftelten Ablauf der Rhythmen. Jeder hölzerne Schuh ist speziell gestimmt, jeder hat einen anderen Klang. 1987 hat Gerhard Trimpin diese holländischen Klompen, wie man die Holzschuhe nennt, in Amsterdam gesammelt und daraus mittels elektromechanischer Klöppel diese tönende Klangskulptur gemacht. Wie ein Mobile schweben die Klompen in der Ausstellung von Trimpin in der Galerie Robert Keller in Kandern und machen nach einer festgelegten Partitur Musik.

Der aus Istein stammende und seit 1979 in Seattle lebende Künstler, Komponist und Musiker Trimpin hat das alte Haus mit kinetischen Klangskulpturen bestückt. Es klingt und tönt aus allen Ecken, wenn die Besucher die mobilen Klang-Konstruktionen in Gang setzen. In seiner Laudatio nannte Nikolaus Cybinski den gebürtigen Markgräfler, der sich als Sound Artist und Schöpfer von Klangobjekten international einen Namen gemacht hat, einen "ausgebufften Mechanikus" und eine Art "neuzeitlichen Daidalos", der einfalls-, fantasie- und kenntnisreich eine tönende Welt konstruiere.
 
Der 64-Jährige, der in den 70er Jahren in Berlin studiert hat und sich als Musiker auch in der Theaterszene bewegte, ist ein genialer Klangtüftler. In seiner Art, Dinge zum Klingen zu bringen, ist er durchaus mit Neutönern wie Maurizio Kagel und anderen findigen Klang-Erneuerern vergleichbar. Nicht von ungefähr machen Trimpins Installationen und Werke in Museen und auf Festivals in den USA und Europa Furore und waren auch bei den Donaueschinger Musiktagen zu erleben. Bei Trimpin kommt auch immer eine spielerische Note hinzu, die seinen Klang-Schöpfungen einen heiteren Charme verleiht.

Ein bisschen wie Minimal Music tönt seine interaktive Klangskulptur "Heute Blau und morgen Blau". Sie ist sinnigerweise im blauen Zimmer installiert und besteht aus leuchtend blauen, gegossenen Glaselementen, die wie Stäbe vom Dachfenster herabhängen. Angeschlagen werden die Glaskörper durch Eisenklöppel. Die repetitiven Klänge üben einen magischen Zauber aus, gleichsam wie ein filigranes gläsernes Glockenspiel. Jedes Mal, wenn ein Besucher auf einen Knopf drückt, sendet der Computer das Signal aus und die Klöppel legen los in dieser gesteuerten Komposition. Die tönenden blauen Glasstäbe sind ein schönes Beispiel für Trimpins klingende Kunstwerke. Es sind alles akustische Klänge, keine verstärkten, und es sind auch keine zufälligen Klänge, denn es ist alles komponiert.

Etwas Spielerisch-Hintersinniges und Fröhliches, wie es auch in den beweglichen maschinenähnlichen Skulpturen von Jean Tinguely zu entdecken ist, steckt in der "Schiessbuuhdi". Aus vielerlei Fundstücken, gefundenen Objekten, Tierfiguren, Instrumententeilen und diversen elektromechanischen Teilen hat Trimpin ein skurriles Gebilde auf Rädern geschaffen, das aus einem Sammelsurium von Dingen zusammengebaut ist: eine Affenfigur schlägt die Becken zusammen, eine Marionette mit Elchkopf, Flamingos und andere tierische Figuren bevölkern diese "Schiessbuuhdi", die auf Jahrmarktsbuden, die Welt der Jäger und anderes anspielt. Es ertönen tierische Laute, Entenrufe, Vogelgezwitscher, und jedes Mal, wenn die Musik-Maschinerie aktiviert wird, erklingen verschiedene Melodien von Volksmusik über Pink Panther bis zu Berliner Luft.

Eine ganz andere Klangwelt erwartet den Besucher im Keller der Galerie, wo Trimpin die eigens für diesen Ort geschaffene Klangskulptur "432 Hz" installiert hat. Über 100 Jahre Metallzungen eines Harmoniums, Gebläse, der Trichter eines alten Grammophons und Klarinettenteile bilden diese Klangskulptur, die über einen Trittschalter funktioniert. Der Grundton der Erde, der Mensch, Natur und Kosmos in Einklang bringt, versetzt den Zuhörer in archaische und elementare Schwingung: eine Klang-Meditation, die im ganzen Körper nachhallt.

Neben diesen Klangobjekten zeigt Trimpin auch Entwurfsskizzen, Siebdrucke mit Instrumentenmotiven in Blau, Rot, Grün, farbig überarbeitete Drucke, grafische Notenschriften und Notationen, in denen er seine Ideen wie die "Rote Musik" grafisch umsetzt und visualisiert. Über Kopfhörer kann man Trimpins Komposition "Above, Below and in Between" für Orchester und kinetische Instrumente lauschen, die vom Seattle Symphony Orchestra aufgeführt wurde: also eine Ausstellung zum Sehen, Hören und Staunen.

Bis 26. Juni, Samstag, Sonntag und an Feiertagen 14 bis 18 Uhr, Kandern, Ziegelstraße 25


http://www.badische-zeitung.de/ausstellungen/klingende-klompen--121168327.html

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen